Ich bin dein größter Alptraum!
Wenn du denkst, du bist dem Bösen schon begegnet, kann ich nur lachen. Denn das bist du nicht. Eine Begegnung mit mir würdest du nicht überleben. Nicht einmal ich schaffe das!
Dies ist mein Leben. Obwohl man in diesem Fall wahrscheinlich nicht einmal von Leben sprechen kann. Ich bin besessen vom Töten und wenn du dich zufällig auf meiner Liste befindest, kannst du schon mal Abschied nehmen. Denn egal wo du dich versteckst, ich werde dich finden und auf die grausamste Art und Weise zur Strecke bringen!
Bist du bereit dich verführen zu lassen?
Ich suche fast alles ab. Doch erst in meinem Zimmer werde ich fündig.
K sitzt zusammengesunken auf meinem Bett und schaut nicht einmal auf, als ich herein komme. Mein Herz setzt einen Schlag aus und ich denke fast, er ist tot.
Ganz langsam mache ich einen Schritt auf ihn zu. „K?“
Als er meine Stimme hört, schaut er auf. Traurigkeit. Das ist es, womit ich sein Gesicht, ja seine ganze Haltung, beschreiben würde.
„Komm her, schöne Blume.“ Seine Stimme klingt matt. Trotzdem verbessere ich ihn. Wie immer. „Kirschblüte.“
Er grinst. Doch auch das sieht bemüht aus. „Natürlich. Tut mir leid. Kirschblüte.“ Ich setze mich neben ihn auf mein Bett. Taste mit meiner Hand nach seinem kleinen Finger und halte mich daran fest.
K seufzt. „Ich nehme mal an, dass der Big Boss mit dir gesprochen hat.“
„Gesprochen? Er hat mich angeschrien.“ Ich hole tief Luft. „Stimmt es?“
K schaut mich an, sagt nichts. „Stimmt es, dass du mein Vater bist und nicht er?“
Er schaut sich kurz zur Tür um und nickt dann kaum merklich. „Ja. Es stimmt. Ich hätte es dir gesagt, wenn du achtzehn geworden wärst.“ Er schenkt mir ein Lächeln. „Dann wären wir gemeinsam von hier abgehauen.“
Wir schweigen eine ganze Weile. „Warum hauen wir jetzt nicht gemeinsam ab?“ Ich schaue zu ihm auf.
„Das können wir nicht. Der Big Boss würde dich jagen und auch umlegen. Und das würde mir das Herz brechen. Deswegen will ich, dass du mich tötest. Okay?“ Mir treten die Tränen in die Augen. Allein schon bei dieser Vorstellung will ich mich irgendwo verkriechen und nie wieder hervor kommen.
„Aber das kann ich nicht, K.“ Mir versagt die Stimme und ich will wirklich einfach nur noch losheulen. „Ich will auch gar nicht.“
„Hey, schöne Blume. Alles wird gut. Es ist in Ordnung, wenn du mich tötest. Ich bin sowieso schon viel zu lange auf dieser Erde. Ich bin kein guter Mensch mehr. Und es wäre mir eine Ehre, wenn du mich umlegst.“ Er schaut mich zum ersten Mal in meinem Leben liebevoll an.
Doch ich schüttle den Kopf. „Ich kann nicht. Du bist der einzige, der mich mag. Wenn du weg bist, dann bin ich hier ganz alleine. Dann habe ich niemanden mehr. Dann werde ich so wie Mr. D. Ich spüre es.“
K wendet den Blick ab und blinzelt ein paar Mal, bevor er zu reden beginnt. „Ich bin mir sicher, dass du stark genug bist. Du wirst es schaffen und überleben! Du wirst leben.“
Ich schniefe. „Aber dann mag mich keiner mehr. Ich werde zu einem Monster.“ Er schüttelt mich. „Du wirst nicht zu einem Monster.“
„Woher willst du das denn wissen?“
Wir beide schweigen eine ganze Zeit lang. „Weil ich auch keines bin.“ Ich höre die Lüge aus seinen Worten. Genau, wie er sie hört. „Hör mir zu. Du wirst irgendwann jemanden finden, der dich mag. Es wird der Zeitpunkt kommen, wo auch du jemanden magst. Und dann werdet ihr euch gegenseitig helfen gut zu werden. Und wenn nicht, dann machst du es wie ich. Du suchst dir jemanden, der dich umlegt.“ Er grinst mich an. „Vorzugsweise nicht deine eigene Tochter.“
Ich verziehe das Gesicht. „Bäh, nein. Sowas würde ich nie machen.“
K lacht rau auf. „Wir werden sehen.“ Er steht auf und streckt mir seine Hand entgegen. „So, und jetzt lass uns in den Keller gehen. Du hast etwas Wichtiges zu erledigen!“
Wieder ernst schüttle ich den Kopf. „Ich will nicht.“
Doch darauf nimmt K keine Rücksicht. „Komm mit. Es wird nicht so schlimm, wie du jetzt denkst. Du hast doch schon zwölf Menschen getötet. Da wird Nummer dreizehn nicht viel anders sein.“ Er wackelt mit seinem kleinen Finger vor meiner Nase herum. Das gibt in mir den Ausschlag. Ich schnappe mir seinen Finger und lasse mich von ihm in den Keller runter ziehen. Auf dem Weg fange ich an zu weinen.
Tief in mir drinnen weiß ich, dass K auch Angst hat. Er will nicht sterben. Schon gar nicht vor meinen Augen. Doch er versucht stark zu sein, damit ich keine Angst habe.
Allerdings hilft das nicht. Denn ich bin zutiefst verängstigt.
Auch, wenn er versucht hat mir meine Furcht vor dem Alleinsein zu nehmen, haben seine Worte nicht geholfen. Ich glaube sie nicht. Es wird garantiert keiner kommen, der mich mag. Denn ich weiß jetzt, dass K mich nur mag, weil ich sein Kind bin. Genau wie meine Mutter mich nur mochte, weil ich ihr Kind bin.
Ohne die beiden habe ich niemanden mehr, der mich je mögen könnte. Außer vielleicht, wenn ich ein Kind bekomme. Aber ich möchte dieses Leben niemandem antun. Wirklich niemandem!
Wir sind im Keller angelangt und ich habe es geschafft, meine Gefühle weitestgehend zu verstecken. Doch so ganz will es mir nicht gelingen.
Schon gar nicht, als ich die vielen Folterinstrumente sehe. Normalerweise würde ich Vorfreude empfinden. Doch gerade ist da gar nichts. Nur Leere. Ein Vorgeschmack für den Rest meines Lebens.
Vielleicht bringe ich mich auch gleich selbst um. Aber erst einmal werde ich K den Gefallen tun, dass er sich nicht selbst verstümmeln muss.
Er setzt sich auf den Metallstuhl und ich trete zu ihm. „Kannst du mich umarmen?“ Doch er schüttelt den Kopf. „Du wirst jetzt keinen Rückzieher machen, schöne Blume.“
„Kirschblüte.“
Er lächelt mich gequält an. „Du kannst gleich meinen kleinen Finger halten, wenn du möchtest. Aber erst am Ende.“ Ich nicke wie wild. Ich muss unbedingt noch einmal das Gefühl der Vertrautheit zwischen uns empfinden. Denn ich werde nie wieder Gelegenheit dazu bekommen.
Ich fange an ihn festzubinden, damit er sich nicht wehren kann, wenn ich anfange.
„Mio?“ Ich schaue auf. Die Tränen tropfen mir von den Wangen, obwohl ich sie zurück halten will. Es klappt nicht. „Sei nicht traurig. Ich hätte sowieso nicht mehr viel länger gelebt.“ Schniefend nicke ich.
Ich bücke mich, um seine Beine an den Stuhl zu ketten und richte mich dann wieder auf. Er hält etwas in seiner linken Hand, die ich noch nicht fest gebunden habe.
Verwundert schaue ich ihn an. „Hast du es dir anders überlegt? Werden wir gemeinsam weg gehen?“ Hoffnung durchströmt mich.
Doch K schüttelt den Kopf. „Ich will, dass du das hier nach meinem Tod bekommst.“ Er reicht mir sein Messer. Wieder kommen mir die Tränen und ich drücke es an meine Brust. Ein so wertvolles Geschenk hat er mir noch nie gemacht. Keiner darf sein Messer auch nur anfassen und jetzt schenkt er es mir einfach so. „Danke.“ Ich bin gerührt.
Doch ich kann mir keine Ablenkungen leisten, wenn ich es schaffen will. Und das muss ich. Also stecke ich das Messer in meinen Gürtel und binde seine Hand fest.
„Ich mag dich, K.“ Er schließt die Augen für eine Weile während ich ihn nur betrachte. „Ich mag dich auch, schöne Kirschblüte.“
Das war mein Stichwort. Ich drehe mich um. Distanziere mich von dieser Situation. Von K. Beame mich gedanklich ganz weit weg. Schalte mich aus. Werde leer. Das ist das einzige, was ich tun kann, damit ich hieran nicht zerbreche.
Ich schaue mich nach den Werkzeugen um und entscheide mich für mein liebstes. Das Kukrie Messer. Immer ist es dieses eine. Damit kann ich am besten umgehen und es sorgt für ausreichend Schmerz, obwohl ich es ein wenig zweckentfremde.
Ich umgreife es fest mit der Hand und drehe mich wie in Zeitlupe um. Schaue den Mann an, der mein Vater ist. Den Mann, den ich jetzt foltern werde.
Doch ich fühle… nichts. Bin innerlich leer.
Ich gehe langsam auf ihn zu. Er hat die Augen fest auf mich gerichtet. Entschlossen. Aber ich schaue durch ihn hindurch. Und fange an.
Vorsichtig schlitze ich ihm die Hose an den Beinen auf. So, dass es ein Stück in seine Haut ritzt, aber nicht zu viel. Schließlich will ich nicht, dass er zu früh stirbt. Mr. D will ihn schreien hören!
Ich schneide eine Kerbe nach der anderen in seine Haut. Schäle sie langsam ab. Das Zucken seiner Muskeln nehme ich kaum wahr. Nur das Adrenalin, der Kick, der durch meine Adern rauscht. Ich atme tief ein und genieße das Gefühl. Das einzige Gefühl, was ich ab heute zu fühlen im Stande sein werde.
Wieder schneide ich eine kleine Kerbe in seinen Oberschenkel und ziehe das letzte Stückchen Haut ab, das ich leicht erreichen kann. Jetzt fängt der spannende Teil an. Mein Anatomie Unterricht. Normalerweise hätte K ihn übernommen, doch jetzt muss ich es wohl selbst herausfinden.
Ich schneide ins Fleisch. Darauf bedacht die richtige Stelle zu erwischen, damit er nicht zu schnell abnibbelt.
Nach und nach hole ich Muskeln, Sehnen, Knochen aus seinen Beinen. Das Blut fließt in Strömen. Meine Hände sind schon ganz glitschig, doch ich höre nicht auf. Kann ich nicht. Bin völlig gefangen in meinem Rausch.
Erst nachdem ich beide Oberschenkel so gut es möglich ist, ohne ihn sofort zu töten, auseinander genommen habe, schaue ich auf.
Da ist noch so viel mehr, was ich tun könnte. Und doch ist er bald tot. Ein Mensch kann nur eine gewisse Menge Blut verlieren, bevor er stirbt. Und dieser hier ist bald so weit.
Deswegen schneide ich ihm sein Oberteil auf und ritze meine Initialen in seinen Torso. Das Blut fließt an den Enden aus den Buchstaben heraus und gibt ein schaurig schönes Bild ab.
Mein Blick wandert höher und eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel.
K, der schon kaum noch bei Bewusstsein ist, blinzelt in meine Richtung. Er weiß, was jetzt kommt.
Ich nehme mir seinen kleinen Finger und halte ihn ganz fest, während ich mit der anderen Hand das Messer führe. Zu seinem Hals. Ich setze das Messer an und… zögere.
Ein Röcheln dringt aus seinem Mund. Ich schlucke. Dann ziehe ich mit einem Ruck das Messer über seinen Hals und sehe dabei zu, wie sein Kopf zuckt und nach hinten fällt. Tote Augen starren an die Decke, während das Blut aus seinem Hals läuft. Seine Hand wird schlaff, doch ich halte sie weiterhin fest. Meine Finger wollen sich nicht bewegen. Sind wie eingefroren.
So sehr ich mich auch abgeschottet habe, meine Gefühle sind stärker. Sie dringen mit aller Kraft aus mir heraus und ich schreie. Schreie so lange, bis ich heiser bin.
Dann erst realisiere ich, dass ich es war. Ich habe ihn umgebracht. Meinen eigenen Vater. Ich bin es, die ihren dreizehnten Mord verübt hat. Doch dieser hier fühlt sich so anders an. Grundlegend falsch. Es ist nicht richtig gewesen. Ich habe ihn ERMORDET! Meinen eigenen Vater!
Ich stehe auf. Zutiefst schockiert von dem, was ich tat. Zu welcher Grausamkeit ich in der Lage bin.
Ich stolpere zurück, drehe mich um und übergebe mich in das Waschbecken in der Ecke. Mein Erbrochenes vermischt sich mit den Tränen. Die Schluchzer schütteln meinen ganzen Körper.
Erst, als nach einer Ewigkeit nichts mehr kommt, mache ich den Wasserhahn an und beobachte, wie alles im Abfluss verschwindet. Mein Blick fällt auf meine Hände. Sie sind rot. Voller Blut. K’s Blut. Dem Blut meines Vaters.
Ich bekomme Schnappatmung.
Schnell halte ich meine Hände unter den Wasserhahn. Doch das getrocknete Blut lässt sich nicht so einfach abwaschen.
Auch nach intensivem Schrubben geht es nicht komplett ab. Ich bin beschmutzt. Befleckt. Meine Seele wird nie wieder ganz werden. Ich bin tot. Innerlich. Gestorben. Gemeinsam mit K.
Ich drehe mich wie in Trance zu ihm um. Sehe die Hautfetzen, die überall auf dem Boden verstreut liegen. Das viele Blut, welches den gesamten Raum sprenkelt. Und mittendrin sitzt er. Tot.
Ich kann nicht mehr. In mir zerbricht etwas. Etwas, was nicht hätte zerbrechen dürfen. Ich stoße einen stummen Schrei aus und wende mich ab.
Innerlich werde ich hohl. Ich verblute an meinem Herzen. Einem Herzen, welches die Botschaft anscheinend nicht bekommen zu haben scheint, denn es schlägt weiter kräftig in meiner Brust. Doch mich gibt es nicht mehr. Ich bin nur noch eine leere Hülle. Alles, was ich fühle, ist Gleichgültigkeit.
Ich schließe die Tür hinter mir. Jemand anderes wird das aufräumen. Das machen sie immer. Darum muss ich mich nie kümmern. Meine Aufgabe ist es, zu Mr. D zu gehen. Und genau das tue ich auch.
Auf dem Weg in sein Büro begegne ich Menschen. Den Jungs, die hier herum wuseln, wenn sie nichts zu tun haben. Sie alle starren mich an. Sie schauen mich an, als hätten sie Angst vor mir. Ja geradezu Todesangst. Ich grinse jeden einzelnen an. Ihre erschrockenen Gesichter sind mir egal. Erstaunlicherweise ist mir alles egal. Ich laufe immer weiter. Verteile blutige Fußabdrücke auf dem Boden. Irgendwer wird sie weg wischen.
Dann stehe ich vor Mr. D’s Büro. Ich trete ein ohne anzuklopfen, was ich sonst immer getan habe. Aber da hat er mir auch noch Angst gemacht. Jetzt empfinde ich nur noch Gleichgültigkeit. Es ist mir egal.
Mr. D schaut auf als ich herein komme und springt mit schockiertem Gesichtsausdruck von seinem Stuhl hoch. Die Knarre einsatzbereit in der Hand. Doch ich habe im Moment nicht vor ihn umzubringen. Das Einzige, was ich jetzt will, ist mich waschen. Ich sticke nach Blut!
„Auftrag erledigt.“ Meine emotionslose Stimme erschreckt mich kurz, ist mir dann aber auch egal.
Der Big Boss nickt und lässt sich langsam, mit wachsamem Blick wieder in seinen Sessel sinken. Die Knarre noch immer in der Hand und subtil auf mich gerichtet.
„Gut. Du kannst jetzt gehen. Ich brauche dich heute nicht mehr.“ Ich nicke und drehe mich um. Ich muss jetzt duschen.
Irgendwann werde ich Mr. D dafür umbringen, dass er mich meiner Gefühle beraubt hat.
Eckdaten zum Buch:
Arbeitstitel des Buches:
Fuko – Mein Leben vor dem Tod
Genre:
Dark Romance
Titelart:
Erster Teil einer Dilogie
Erzählperspektive:
Ich-Erzähler
Zielgruppe:
Frauen 18-35 Jahre
Umfang des Manuskripts:
1.096.448 Zeichen inkl. Leerzeichen / 185.631 Wörter